Von Jägerlatein und Jagderfahrungen

Von Jägerlatein und Jagderfahrungen

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Ein Bericht von Desiree Schwers

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Jagdbücher mit vielen interessanten Jagderlebnissen und noch mehr Jagdlatein gibt es auf dem Markt wie Sand am Meer. Bisher habe ich viele der Geschichten mit einem Lächeln abgetan. Nach meinen ersten drei Jahren als Nachsuchenführerin frage ich mich allerdings: Ist das wirklich Jagdlatein oder beruht es doch auf einer wahren Begebenheit?

Schon in dieser kurzen Zeit, in denen ich nun mit meinem Hannoverschen Schweißhund Enzo als Nachsuchengespann durch die Lande ziehe, habe ich so viel erfreuliches, erstaunliches und unglaubwürdiges erlebt, dass ich die Bücher noch einmal zur Hand nehme und mich frage, war es vielleicht doch so?

Die Wandlung eines 15kg Frischlings auf einen 50kg Überläufer (oder mehr) ist in unserem Lande mittlerweile an der Tagesordnung. Ich gehe inzwischen davon aus, dass der Adrenalinstoß nach dem Schuss für diese überdurchschnittlichen Gewichtszunahmen in so kurzer Zeit verantwortlich ist – wie sonst ist dieser Wachstumsschub zu erklären?

Auch gibt es in den deutschen Zauberwäldern zuweilen interessante Wandlungen vom Schmalreh zum Alttier, vom Rehbock zum Hirsch oder vom Fuchs zum Frischling, die mit wissenschaftlichen Mitteln nicht zu erklären sind.

Aber natürlich gibt es auch zahlreiche erfreulichen Begebenheiten, welche die Arbeit auf der roten Fährte immer wieder interessant und abwechslungsreich gestalten. Ob es nun die glücklichen Augen des Hundes sind, wenn er das gesuchte Stück erspäht oder die Dankesworte des Schützen sobald man ihn über den Ausgang der Suche informiert. Sogar eine hervorragend schmeckende Portion gebratener Mandeln habe ich in diesem Jagdjahr nach getaner Arbeit genießen dürfen.

Allerdings musste ich während dieser Zeit auch eingestehen, dass es teilweise eine sehr mühselige Arbeit sein kann, die bei weitem nicht immer zum Erfolg führt. Wenn man nach 4km Riemenarbeit durch Dickungen, Pfützen und Rapsfeldern hindurch aufgeben muss oder die Suche an einer Reviergrenze endet, über die nicht hinweggesucht werden darf ist es manchmal wirklich bitter. Hier würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass menschlich geschaffene Verwaltungsgrenzen dem Wohl des Tieres nicht mehr entgegenstehen…

Natürlich habe ich in den drei Jahren auch sehr viel über die Schweißarbeit, über den Hannoverschen Schweißhund aber auch über die Menschen gelernt, die an einer Jagd teilnehmen. Ich habe Menschen kennen gelernt, die mich mit Ihrer Haltung oder mit Ihrem Wissen stark beeindruckt haben, aber auch Schützen oder Hundeführer, deren Haltung mir – sagen wir mal „unverständlich“ bleibt. Insgesamt muss ich aber leider feststellen, dass die Passion der Jagd und das Wissen über die Zusammenhänge in der Natur aus Zeitmangel immer mehr ins Hintertreffen geraten und immer öfter nur der schnelle Jagderfolgt zählt. Bei dieser Entwicklung bleibt letztendlich nicht nur das Brauchtum auf der Strecke sondern die Zeche zahlt das Wild.



Desiree und Enzo bei Ihrem Einsatz für Euch


Zum Schluss möchte ich vielleicht noch eine kleine Anekdote erzählen, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist:
An einem kalten Wintermorgen suchte ich nach erfolgreicher Drückjagd ein krankes Kalb nach, das auch nach rund 400m aus dem Wundbett hoch ging und schwer krank flüchtete. Mich begleitete ein guter Freund, der mir auf meinen Nachsuchen ein verlässlicher Helfer geworden ist. Ich schnallte also den Hund, schmiss meinem Partner Schweißriemen und Geschirr entgegen und sprintete los. Nach rund 500 stellte Enzo das Kalb in einem Regenrückhaltebecken. Nun war die Eisdecke leider sehr brüchig, so dass Hund und Kalb im hüfttiefen Wasser standen / schwammen. An Schießen war in dieser Situation nicht zu denken, da der Hund das Kalb an der Kehle gepackt hielt – nun hieß es baden gehen…

Aufgrund meines Zögerns ins kalte Nass zu springen, hatte mich mein Freund eingeholt und es entbrannte eine kurze Diskussion wer nun ins Wasser geht. Wir beschlossen schließlich, dass ich gehe – aber dass ich danach seine Socken bekomme! Das Wasser war saukalt und das brüchige Eis erschwerte die ganze Sache nicht unerheblich, aber schließlich war ich mit Kalb und Hund wieder auf dem Trockenen und freute mich über den erfolgreichen Ausgang dieser Suche. Inzwischen war mein Freund nicht untätig gewesen und hat das Auto geholt. Wenn uns danach jemand gesehen hätte, wie wir anschließend halb nackt in eisiger Kälte versuchten aus den Klamotten, die noch trocken waren zwei annehmbare Bekleidungen für einen Mann und eine Frau herzustellen – ich möchte nicht wissen was sich derjenige gedacht hätte….